Von Stadtteilbüro auf Samstag, 14. Juni 2025
Kategorie: Aktuelles

45 Jahre Ökumenisches Zentrum Kiel-Mettenhof: Ein Leuchtturmprojekt feiert Jubiläum

​Es gilt als das erste ökumenische Gemeindezentrum dieser Form in Deutschland mit einer
gemeinsam genutzten Kirche und gemeinsamen Gemeinderäumen. In Kiel-Mettenhof feiert das
Ökumenische Zentrum St. Birgitta-Thomas-Haus (BTH) sein 45-jähriges Bestehen.
Kirchenpolitisch war es 1980 eine Sensation. Die Idee dazu entstand bereits vor 55 Jahren in der
Planungsphase der Trabantenstadt Mettenhof.

​Pastor Jürgen Benthien, einer der "Väter" des
Zentrums, erinnert sich an die Anfänge. Benthien war von 1968 bis 1987 in Mettenhof
Gemeindepastor, wohnt heute noch in Mettenhof und engagiert sich weiterhin in der Gemeinde.
Ursprünglich waren separate evangelische und katholische Kirchen geplant. Benthien und sein
Kollege Wolf R. Jessen erkannten jedoch, dass in einem Neubaugebiet mit kirchlich distanzierten
Bewohnern zwei Kirchen keinen Sinn ergäben und man etwas Gemeinsames schaffen müsse.
Dieser Gedanke war seinerzeit revolutionär und wurde von den kirchenleitenden Gremien zunächst
nicht ernst genommen. Wolfgang Baader stellte im Evangelischen Pressedienst 1973 zum Prozedere
süffisant fest: „Die kirchlichen Oberbehörden auf beiden Seiten hatten ihr Wort mitzureden.
Allerdings redeten diese Oberbehörden ...offiziell kein Wort miteinander. Fast alles vollzog sich
zähflüssig zwischen den beiden Kirchengemeindeverbänden in Kiel." Baader sprach mit Blick auf
die kaum vorhandene ökumenische Landschaft von dem „Modellfall Mettenhof", der einen
„gewissen Avantgardismus" zeige. Es dauerte zehn Jahre von der Idee bis zur Vollendung des Baus.
Die Realisierung erforderte den starken Willen und das Engagement von Personen auf beiden
Seiten.
Obwohl das Zentrum ein gemeinsames Bauwerk ist, wurde es nicht vollständig verschränkt gebaut.
Die katholische Kirche übernahm die Trägerschaft für die Kirche, die evangelische Kirche für das
Gemeindehaus – eine Vorgabe der Kirchenleitungen. Anders war es nicht möglich war. Eine
unsichtbare Linie teilt praktisch das Gelände und Grundstück. Dies äußert sich auch in der
Zuständigkeit für Reparaturen, wie an den Fenstern, die eindeutig evangelisch oder katholisch
zugeordnet sind, was die Unterhaltung erleichtert. Während des Baus wurde Wert auf eine
Ausstattung gelegt, die ein Miteinander ermöglicht, etwa durch den Verzicht auf eine Marienstatue
im Vorderraum.
Das Miteinander wird heute eher als "gut nachbarschaftlich" beschrieben. Angesichts
schrumpfender finanzieller Mittel und Personalnot auf beiden Seiten wird ökumenische
Zusammenarbeit auch andernorts notwendiger. Man spricht schon von der „Bauökumene".
Dennoch gibt es immer noch hie und da Aversionen und kulturelle Unterschiede, etwa bei
Gemeindemitgliedern mit polnischem Hintergrund, denen die Kirche zu schmucklos erscheint, oder
Evangelischen, die eine zu starke Angleichung an die Katholiken fürchten. Gegen diese Ängste
helfe nur, beständig weiterzumachen und gemeinsame Feiern oder Treffen zu fördern. Pastor
Benthien wünscht sich für die nächsten 45 Jahre, dass das gute Miteinander bestehen bleibt und
man noch mehr aufeinander zugeht. Es besteht die Hoffnung, dass das Zentrum trotz struktureller
Veränderungen der Gemeinden erhalten bleibt, da es von großer Bedeutung für Mettenhof ist und
ein Leuchtturmprojekt für beide Konfessionen.
Das Jubiläum wird am 14. Juni um 12 Uhr mit einem Festgottesdienst mit Bischöfin Nora Steen
und dem stellvertretenden Generalvikar Tobias Sellenschlo im BTH, Skandinaviendamm 350,
gefeiert. Anschließend öffnen sich die Türen zu weiteren Festlichkeiten.


Kurt-Helmuth Eimuth


Das Gespräch mit Jürgen Benthin findet sich unter https://eimuth.de/?p=5550

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